Hier finden Sie manch eine meiner Lieblingsgeschichten...alle paar Monate eine neue - viel Lesevergnügen!
Der alte Mann und das PferdEinst lebte ein alter Mann in einem kleinen Dorf
in Asien. Er war sehr arm, doch gar Könige beneideten ihn ob seines Besitzes.
Denn er besaß ein wunderschönes weißes Pferd, welches die Augen eines jeden
Menschen erstrahlen ließ. Die reichsten unter den Königen boten ihm die
fantastischsten Summen, doch er widerstand und entgegnete: „Mein Pferd ist für
mich ein Freund, und wie könnte ich einen Freund für etwas Geld der Welt
verkaufen?“.
Eines Morgens fand er sein Pferd nicht im Stall. Das
ganze Dorf versammelte sich und die Leute sagten: „Du dummer alter Mann! Wir
haben immer gewusst, dass das Pferd eines Tages gestohlen würde. Es wäre besser
gewesen, du hättest es verkauft. Welch ein Unglück!"
Der alte Mann aber wiegte bedächtig seinen Kopf und
entgegnete: „Geht nicht so weit, das zu sagen. Saget einfach: Das Pferd ist
nicht im Stall. Glück oder Unglück? Das weiß ich nicht“.
Die Leute lachten den Alten aus. Sie hatten schon
immer gewusst, dass er ein bisschen verrückt war.
Nach fünfzehn Tagen jedoch kehrte eines Abends das
Pferd plötzlich wieder heim. Es war nicht gestohlen worden, sondern in die
Wildnis ausgebrochen. Und nicht nur das, es brachte auch noch ein Dutzend
wilder Pferde mit sich.
Wieder versammelten sich die Leute und sie sagten:
„Alter Mann, was für ein unglaublicher Glückspilz du bist!“. Der Alte aber entgegnete
erneut: „Sagt das nicht. Sagt nur: Das Pferd ist zurück mit weiteren
Wildpferden. Wer weiß, ob das ein Segen ist?“. Die Dorfbewohner schüttelten
abermals den Kopf ob des Alten Rede. Zwölf herrliche Pferde waren gekommen!
Der alte Mann hatte einen einzigen Sohn. Der begann die
Wildpferde zu trainieren. Bereits nach einer Woche fiel er vom Pferd und brach
sich die Beine. Wieder versammelten sich die Leute und bekundeten ihre
Bestürzung: „Was für ein Unglück! Dein einziger Sohn kann nun seine Beine nicht
mehr gebrauchen und er war die einzige Stütze deines Alters. Jetzt bist Du
ärmer als je zuvor!“. Doch der Alte sprach erneut: „Mein Sohn hat sich die
Beine gebrochen. Mehr weiß ich nicht…“ und die Leute beschlossen abermals, dass
er nicht ganz richtig im Kopf sei.
Nun begab es sich, dass das Land einige Wochen später einen
Krieg begann. Alle jungen Männer des Ortes wurden zum Militär eingezogen. Nur
der Sohn des alten Mannes blieb zurück, weil seine Beine noch nicht genesen
waren. Der ganze Ort war von Wehklagen ob der Abreise der Söhne erfüllt und
alle kamen zu dem alten Mann und sagten: „Du Glücklicher! Dein Sohn ist der
Einzige, der nicht in den Krieg ziehen muss!“. Der alte Mann wiegte lächelnd
seinen Kopf...